Freitag, 15. Mai 2015

Sammelstücke

 

Stellt euch vor, ihr lauft durch euer Städtchen und sammelt dabei ein paar Dinge vom Fußboden auf. Zuhause angekommen breitet ihr sie vor euch aus und überlegt euch kleine Geschichten dazu. Ich habe das gemacht und zeige euch hier mal, was dabei herausgekommen ist: 





Diese Ticks begleiten mich schon mein ganzes Leben lang. Ich mache Farben Tage oder Nummern Tage – immer im Wechsel. An blauen Tagen, versuche ich, soviel wie möglich auf blau zu achten, ich ziehe blau an, kaufe mir Produkte in blauer Verpackung und schreibe mit blauen Stiften. An dreiertagen kaufe ich von jedem Produkt dreierlei, schneide mein Essen in drei Stücke, nehme drei Brote mit in die Schule. Heute ist ein rosaner Tag, heute gibt es Schokoriegel in rosanem Papier. Auf dem Weg zur Schule stopfe ich mir diese in den Mund, genau darauf bedacht, keine Schokobrösel auf meinem rosanen T-Shirt zu hinterlassen.
Diese Angewohnheiten sind mir peinlich, ich hasse sie sogar, aber ich kann einfach nicht anders…






Nordtribüne, wie bei jedem Heimspiel. Er zieht sich die Lederjacke über das Trikot, packt seinen Schlüssel und seinen Geldbeutel in die Hosentasche und knallt die Tür hinter sich zu. Endlich ist es wieder so weit. Er hat an diesen Verein sein Herz verloren. Die Jungs warten vor dem Stadion auf ihn. Er ist der Anführer ihrer Gang. Heute wird es Stress geben, das spürt er.
Die Fans der gegnerischen Mannschaft mustern sie schon vor dem Spiel voller Abscheu. 
Die Hand in seiner Jackentasche fest um den Schlagring geschlungen läuft er in Begleitung der anderen durch die Eingangstore.






Der Himmel ist herrlich Blau. „Die Sonne schenkt mir noch einen Sonnentag, bevor der dunkle Winter eintritt“, dachte er. Das Letzte Blatt fiel gerade von dem Baum, unter dem er lag. Er hatte schon immer Angst vor der ständigen Dunkelheit, den kurzen Tagen und dem eingesperrt sein in seiner kleinen Wohnung. In dieser Zeit realisierte er erst die schrecklichen Sommer, bald kann er davor nicht mehr fliehen. 
Ihn würde alles einholen…






Paul geht in die 6A, Lena in die 5C. Paul hat halblange, blonde Locken und mit seinen blauen Augen so ein süßes Lächeln. Lena ist jedes Mal verwirrt und läuft knallrot an, wenn sie auf dem Gang an ihm vorbeiläuft. Ihn anzusprechen würde sie sich nie trauen, er ist doch so süß und so beliebt. Sie wüsste auch gar nicht, was sie sagen soll. Aber manchmal grinst er in ihre Richtung. Schaut er nun sie an oder ein anderes Mädchen?  Die Glocke läutet und sie stürmt aus dem Gebäude. Auf dem Nachhause Weg lässt sie sich Zeit. Sie pflückt verträumt ein paar Gänseblümchen und denkt an den süßen Sechstklässler.
 „Er liebt mich….er liebt mich nicht…“






Die Kieselsteine machen ihr besonders zu schaffen. Darüber ihren Gehwagen zu hieven ist nicht einfach und braucht Zeit. Voller Neid und Wehmut schaut sie den jungen Menschen zu, die auf dem Marktplatz einen Ball hin- und herspielen. Das Leben geht so schnell vorbei. Die Zeit als junger Mensch zu genießen stand bei ihr nie an oberster Stelle, dafür gab es zu viele andere  Prioritäten. Der Bauernhof musste unterhalten werden, das war harte Knochenarbeit seit klein auf. Wie gern würde sie noch einmal ihre Jugend genießen können, anstatt sich alleine und alt durch ihre letzten Tage zu kämpfen.




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